Die Steinway-Konzerte

;;# von Cbr. Raimund Lang ;;#

Manche Traditionen ergeben sich aus einem Zusammentreffen von Zufällen oder zumindest von glücklichen Fügungen. So verhielt es sich auch mit den Steinwaykonzerten des CV-Zirkels Hamburg, die sieben Jahre lang – von 2006 bis 2012 – einen Fixpunkt des Veranstaltungsprogramms bildeten.

Für das Sommersemester 2006 organisierte der damalige Zirkelvorsitzende, Jochem Vorstheim, einen Besuch des Produktionsbereiches der Firma Steinway am Rondenbarg – das liegt in Stellingen nahe der A7. Es war ein faszinierendes Erlebnis, der Entstehung eines höchstwertigen Musikinstrumentes vom rohen Holzbrett bis in den Konzertsaal zu folgen. Die fast vier Stunden, welche die Führung dauerte, wurden von alle Teilnehmern als im wahrsten Wortsinn „kurzweilig“ empfunden.

Seit der Klavierbauer Heinrich Engelhard Steinweg seinen ersten Flügel baute, sind bald zwei Jahrhunderte vergangen: Es war 1836 in Seesen am Harz. 1850 wanderte die Familie in die Vereinigten Staaten aus und gründete in New York 1853 das Unternehmen Steinway & Sons. Seit 1888 ist in Hamburg eine Filiale vertreten, die zuerst im Schanzenviertel produzierte, ehe sie 1904 am Jungfernstieg eigene Verkaufsräume eröffnete. 1923 begann schließlich die Errichtung des neuen Fabriksgeländes am Rondenbarg. Ab da vergingen immerhin noch einmal gut 80 Jahre, bis sich der Hamburger CV dem Weltunternehmen am Stadtrand näherte.

Aber es war Liebe auf den ersten Blick. Und es bleibt unvergeßlich, wie Jochem Vorstheim – selbst ein begabter und professionell agierender Pianist – zum Abschluß der Führung im kleinen Konzertsaal des Unternehmens in die Tasten griff. Unter den Besuchern befand sich auch der Wikinger Jan Berssenbrügge, Steuerberater von Beruf, aber Musensohn von Herzen. Seit Jahren nimmt er Klavierunterricht und erfreut mit dessen Ergebnis gelegentlich auch Freunde und Gäste. Also waren es gleich zwei Pianisten, die am wohlgestimmten Flügel einem wohlgestimmten Publikum noch eine halbe Stunde Wohlklang verschafften.

Irgendeiner aus der Corona sprach dann die Idee aus: Hier sollten wir einmal ein eigenes Konzert veranstalten! Wenn wir schon Musiker in unseren Reihen haben … Und so kam es, daß der Hamburger CV für den 29. September 2006, 18 Uhr, zu seinem ersten aus eigener Kraft gestalteten Konzerttermin lud. Dazu bedurfte es allerdings noch einer prominenten Verstärkung. Jan Berssenbrügge konnte seinen Klavierlehrer, Thomas Boettger, als Hauptinterpreten gewinnen. Der gebürtige Neustrelitzer, Absolvent der Berliner Hanns-Eisler-Hochschule und Schüler von Ruth Zechlin und Tadeusz Baird, ist aufmerksamen Radiohörern auch durch seine zahlreichen redaktionellen Beiträge zur Klaviermusik im NDR bekannt. Der sensible und feinsinnige Pianist, der seit 1986 in Hamburg lebt und international konzertiert, ist überdies auch Komponist vor allem kammermusikalischer Werke; genannt seien seine fünf Rilke-Lieder aus dem Jahr 1981. 2006, nur wenige Wochen nach dem ersten CV-Steinway-Konzert, wurde in Hamburg sein „Nocturne für Klavier“ uraufgeführt.

Mit Thomas Boettger als freundschaftlichem und virtuosem Mitgestalter konnte den Gästen ein anspruchsvolles Programm geboten werden, das der aus Österreich stammende Schauspieler und Moderator Raimund Lang, selbst CVer und seit 1983 in Hamburg ansässig, sachbezogen kommentierte und mit literarischen Rezitationen auflockerte. Im ersten Teil spielten Boettger und sein Schüler Berssenbrügge sowohl solistisch als auch vierhändig, den zweiten Teil bestritt Jochem Vorstheim allein.

Dieses musikalische Ereignis wurde begeistert aufgenommen und ist seither ein Fixpunkt der Jahresprogramme des Hamburger CV-Zirkels. Daß die Begeisterung echt war, läßt sich auch aus den steigenden Teilnehmerzahlen ablesen: Waren es beim ersten Mal knapp 70 Gäste, so konnten die bisher letzten Konzerte Vollbesetzung aufweisen. Die Teilung in einen klassisch-romantischen ersten Teil und eine eher heiter-beschwingte zweite Hälfte wurde beibehalten und seit dem vierten Konzert 2010 durch kurze Gastauftritte pointiert. So gab einmal ein Ehepaar aus Wien, das sich zum Ankauf eines Steinway-Flügels in Hamburg befand, ein vierhändiges Intermezzo, brillierte die moldavische Geigerin Beatrice Pavlicenko mit zwei Sätzen aus einer Bachsonate und profilierte sich auch der Nachwuchs, zwei Aktive der Hamburger CV-Verbindung Wiking, mit kleinen Stücken für Klavier und Violoncello.

Wenige Tage vor dem Konzertermin im Jahre 2011 traf den CV-Zirkel Hamburg ein harter Schlag: Der völlig unerwartete Tod seines ehemaligen Vorsitzenden Heiner Holetzek, der ein besonderer Liebhaber und Förderer der Steinway-Abende war. Ein seltsamer Zufall bewirkte, daß sein Begräbnis am Tag des Konzertes, nur drei Stunden zuvor, stattfand. So wurde dieser Abend auch zu einem persönlichen Gedenken und der Pianist Thomas Böttger widmete Beethovens „Bagatelle in Es-Dur“ der Erinne-rung an den verstorbenen Cartellbruder.

Erstes Steinwaykonzert: Freitag, 29. September 2006

Motto: „Klassisch beschwingt mit Steinway“

1. Teil:

  • Johannes Brahms: Ungarischer Tanz Nr. 6 in D-Dur WoO
  • Ludwig van Beethoven: Ouvertüre zum Trauerspiel „Egmont“ op. 84
  • Franz Schubert: Impromptu in As-Dur op. 142/2
  • Franz Liszt: Sursum corda (aus „Annés de Pelerinage“, Buch III, Nr. 7)
  • Frederik Chopin: Barcarole in Fis-Dur op. 60

2. Teil:

  • Ludwig van Beethoven: Albumblatt für Elise WoO 59
  • Edvard Grieg: Aus dem Klavierkonzert in A-Moll op. 16
  • Peter I. Tschaikowsky/Charlie Chaplin: Aus dem Klavierkonzert Nr. 1 in B-Moll op. 23 einschließlich „Limelight – LW“
  • Improvisation über russische Volksweisen
  • Johann S. Bach: Fuge in D-Moll BWV 595 einschließlich Jazzimprovisation „I found a new baby“
  • Jochem Vorstheim: Melodi auf “F”

Zweites Steinwaykonzert: Freitag, 23. November 2007

Motto: „Festlich gestimmt bei Steinway“

1. Teil:

  • Edvard Grieg: Norwegischer Tanz Nr. 2 in A-Dur, op. 35/2
  • Anton Dvorak: Slawischer Tanz in As-Dur op. 72/8
  • Franz Schubert: Moment musicaux Nr. 2 in As-Dur op. 94/2
  • Peter I. Tschaikowsky: Weiße Nächte/Troika/Am Kamin (aus dem Zyklus „Die Jahreszeiten“ op. 37)
  • Sergej Rachmaninoff: Prélude Nr. 12 in Gis-Moll op. 32/12
  • Franz Liszt: Liebestraum Nr. 3 in As-Dur op. 62/3
  • Georg Gershwin: ’S wonderful (bearb. Thomas Boettger)

2. Teil:

  • Andrew Lloyd Webber: The music of the night (aus “Phantom der Oper”)
  • Jacques Revaux/Claude François: My way
  • John Lennon/Paul McCartney: Let it be
  • Friedrich Smetana/Jochem Vorstheim: Fantasie und Improvisation über das Thema “Die Moldau”
  • Frederik Chopin:
    • Mazurka in B-Dur op. 7/1
    • Mazurka in C-Dur op. 7/3
    • Nocturne in Es-Dur op. 9/2
  • Wolfgang A. Mozart/Jochem Vorstheim: Fantasie und Improvisation über das Menuett aus der Symphonie Nr. 39 in Es-Dur KV 543
  • Harry Thacker Burleigh: Nowbody knows the trouble I’ve seen
  • Weihnachtliche Musik

Drittes Steinwaykonzert: Freitag, 28. November 2008

Motto: „Fröhlich vereint am Steinway“

1. Teil

  • Johann S. Bach: Contrapunctus I aus „Die Kunst der Fuge“ BWV 1080 (bearb. zu vier Händen)
  • Wolfgang A. Mozart: 2. Satz aus der Klaviersonate in D-Dur KV 381 (bearb. zu vier Händen)
  • Frederik Chopin: Nocturne in Es-Dur op. 9/2
  • Franz Liszt:
    • Consolation Nr. 3 in Des-Dur
    • Gondoliere (aus „Venezia e Napoli“ Nr. 1)
  • Frederik Chopin: Polonaise-Fantasie op. 81

2. Teil

  • „Internationale Volkslieder“
    • Italien: Torna a Surriento/O sole mio
    • Irland: On the Banks of my Own Lovely Lee/Cockles and Mussels/The Rose of Tralee
    • Rußland: Abendglocken/Stenka Rasin/Kalinka
    • Israel: Eine jiddische Mame/Schalom alechem/Hava nagila
  • „Filmmusiken“
    • Exodus/Dr. Schiwago/High Society/Conquist of Paradise/
    • Glenn-Miller-Story/Titanic/Porgy and Bess
  • Weihnachtliche Lieder

Viertes Steinwaykonzert: Freitag, 4. Dezember 2009

Motto: „Rundum vergnügt durch Steinway“

1. Teil

  • Johann Strauß Sohn: Paraphrase über den Schatzwalzer op. 418 (bearb. nach Ernst von Dohnany von Th. Boettger)
  • Domenico Scarlatti: Sonate in E-Dur
  • Georges Gershwin: Someone to watch over me (bearb. Thomas Boettger)
  • Frederik Chopin:
    • Mazurka in Cis-Moll op. 50/3
    • Fantasie-Impromptu in Cis-Moll op. 66
  • Franz Liszt: Après una lectura du Dante („Dante-Sonate” aus „Annés de Pelerinage“, Buch III, Nr. 7)
  • Als Überraschungsgäste: Dr. Ronald und Dr. Petra Schön, Wien
    • Leo Delibes: Blumenduett aus der Oper „Lakme“
    • Eric Satie: Gymnopédie Nr. 1
    • Edvard Grieg: In der Halle des Bergkönigs (aus „Peer-Gynt-Suite“ Nr. 1)

2. Teil

  • „Melodien von gestern“ – Fantasien über musikalische Themen der 50er bis 80er Jahre
  • Weihnachtliche Lieder

Fünftes Steinwaykonzert: Freitag, 3. Dezember 2010

Motto: „Jährlich beglückt dank Steinway“

1. Teil

  • „Gaudeamus igitur“ – Studentische Weisen für Klavier zu vier Händen (Satz Thomas Boettger)
  • Camille Saint-Saens: Der Schwan (aus „Der Karneval der Tiere“)
  • Wolfgang A. Mozart: 2. Satz aus der Klaviersonate Nr. 10 in C-Dur KV 330
  • Frederik Chopin: Walzer in As-Dur op. 69/1 (“Abschiedswalzer”)
  • Claude Debussy: Doktor Gradus ad Parnassum/Jimbo’s Lullaby/Serenade of the Doll (aus “Childrens Corner”)
  • Zoltan Kodaly: Nr. 5 und Nr. 6 aus den Sieben Klavierstücken op. 11
  • Bela Bartok: Abend in Transsilvanien
  • 14 Stücke aus dem Ersten Band der Klavierstücke „Für Kinder“
  • Als Überraschungsgast: Die Violinistin Beatrice Pavlicenko aus Chisinau (Moldavien)
    • Johann S. Bach: 1. und 2. Satz aus der Partita für Violine Nr. 2 in D-Moll BWV 1004

2. Teil

  • „… zeitlebens ein Student“ – Phantasien über Studentenlieder aus drei Jahrhunderten
  • Weihnachtliche Lieder

Sechstes Steinwaykonzert: Freitag, 9. September 2011

Motto: „Heiter und ernst bei Steinway“

Nach dem Konzert: (von inks) Jan Berssenbrügge, Martin Strahl, Florian Biebl, Raimund Lang, Thomas Böttger, Jochem Vorstheim1. Teil

  • Claude Debussy: „En bateau“ (Erster Satz aus ‚Petite Suite’)
  • Ludwig van Beethoven: Bagatelle in Es-Dur op. 126/3
  • Ludwig van Beethoven: 2. Satz aus der Klaviersonate Nr. 25 in G-Dur op. 79
  • Ludwig van Beethoven: 1. Satz aus der Klaviersonate Nr. 14 in Cis-Moll op. 27/2 („Mondscheinsonate“)
  • Robert Schumann: „Arabeske“ op. 18
  • Ludwig van Beethoven: Sechs Variationen in F-Dur über ein eigenen Thema op. 34
  • Als Überraschungsgäste: Martin Strahl, Klavier, und Florian Biebl, Violoncello
    • Jean Baptiste Bréval: Sonate in C-Dur op. 40/1
    • Gabriel Fauré: „Après un rêve“ op. 7/1

2. Teil

  • „Sommer und Reisen“ – Eine musikalische Reise um die Welt

Siebentes Steinwaykonzert: Freitag, 26. Oktober 2012

Motto: „Herbstlich entspannt bei Steinway“

1. Teil

  • Wolfgang A. Mozart: 2. Satz aus der Serenade Nr. 13 in G-Dur („Eine kleine Nachtmusik“) KV 525
  • Johannes Brahms: Aus den 16 Walzern für Klavier op. 39:
    • Nr. 1 in B-Dur
    • Nr. 2 in E-Dur,
    • Nr. 3 in G-Dur
    • Nr. 5 in E-Dur
    • Nr. 15 in As-Dur
  • Ludwig van Beethoven: 2. Satz aus der Klaviersonate Nr. 8 in C-Moll, op. 13 („Grande Sonate pathétique“)
  • Thomas Boettger: Nocturne
  • Franz Schubert: Aus „Moment Musicaux” op. 94, D 780:
    • Nr. 6 in As-Dur
    • Nr. 5 in F-Moll
  • Edvard Grieg: Hochzeitstag auf Troldhaugen (aus „Lyrische Stücke“ op. 65)
  • Als Gast: Florian Biebl, Violoncello
    • Johann. S. Bach: 1., 3. und 5. Satz aus der Suite für Violoncello Nr. 1 in G-Dur, BWV 1007

2. Teil

  • „Cinematophonie“ – Fimmusik aus fünf Jahrzehnten
 
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geschichte/steinway_klavierabende.txt · Zuletzt geändert: 12.02.2015 12:06 Uhr von 127.0.0.1
 
 
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